Wie war das vor 30 Jahren an dem Tag in der Halle Nord, als der BSV in die Bundesliga aufgestiegen ist?
Eine 17-Jährige erlöst die über 1.000 Fans!

In Berlin steht noch die Mauer – aber in Buxtehude brechen alle Dämme: 8. April 1989, kurz vor 18.00 Uhr. Die Handball-Frauen des BSV gewinnen ihr letztes Heimspiel in der 2. Bundesliga gegen den TuS Alstertal mit 19:15 und steigen in die Bundesliga auf. Fast 1.000 Fans feiern ihre Heldinnen! Was war das für ein Team, das da Stadtgeschichte schrieb?
Der Trainer: Für Hans Dornbusch ist es die Krönung einer einmaligen Karriere: In 13 Jahre führt er die Mannschaft von der 3. Hamburger Liga in die Bundesliga. Er ist nicht nur Trainer, sondern auch Manager und Handball-Abteilungsleiter in Personunion.
Das Team: Acht Spielerinnen stammen aus dem BSV, sieben aus der Region (Beckdorf, Hollenstedt, Horneburg, Bremervörde, Fischbek). Zu Saisonbeginn ist mit Sabine Fricke die erste Nationalspielerin zum BSV gewechselt. Dazu kommen zwei internationale Kräfte: Bozenna Enkelmann, Torhüterin aus Polen, und Jara Ivančiková, ehemalige tschechische Internationale.
Der Star: Das ist Jara Ivančiková, Dreh- und Angelpunkt des Buxtehuder Spiels, beste Torschützin und Garantin für den Aufstieg. Alle von damals wissen noch heute: Jara hatte nicht nur auf der Tribüne viele Verehrer…
Der Betreuer: Auf der Bank sitzt schon damals – wie heute, seit nunmehr 32(!) Jahren, ein nicht ganz unbeleibter Mann namens Michael Jungblut…
Die Halle: Das ist schon damals die „Hölle“ Nord – aber ohne die Erweiterung, die erst vier Jahre später geschieht. Es gibt nur die heutige Tobaben-Tribüne mit 498 Sitzplätzen. Dass trotzdem über 1.000 Zuschauer in der Halle sind, ist mehr als ein Gerücht. Man sitzt auf dem Boden, man steht in Fünfer-Reihen auf den Steh-Rängen.
Der Gegner: TuS Alstertal aus Hamburg mit Trainer Otto Sternberg aus Hollenstedt. Ein Team mit jungen Spielerinnen, die im Jahr zuvor Deutscher A-Jugendmeister geworden sind.
Die Ausgangslage: Die Tabelle vorm vorletzten Spieltag liest sich wie folgt:
- Buxtehuder SV 26:6 Punkte
- TuS Alstertal 25:7 Punkte
- List Hannover 22:10 Punkte
- Olympia Brühl 19:13 Punkte
Das bedeutet: Mit einem Sieg wäre der BSV Meister und Aufsteiger. Weil damals die ersten beiden Teams aufsteigen, hätte auch der Verlierer der Partie noch eine zweite Chance. Aber der BSV will unbedingt gewinnen, aufsteigen und feiern – auch wenn Trainer Dornbusch die Organisation einer großen Sause in der Festhalle (siehe nächste Seite) strikt abgelehnt hat…
Die Spielvorbereitung: Die Vorzeichen stehen nicht gut. Mannschaftsführerin Sonja Doliwa (Prior) spielt seit vier Wochen nicht mehr – sie ist schwanger. Sabine Fricke fällt mit einer Innenband-Verletzung aus, Katja Dürkop ist angeschlagen.
Das Spiel: Es beginnt nicht gut für Buxtehude. 0:2. Aber Ivančiková bringt ihr Team per Siebenmeter und Gegenstoß heran, führt gekonnt Regie. Nach 18 Minuten steht es 6:6. Anja Ivers (Scheruhn) von Linksaußen und wiederum Jara sorgen für die Führung nach 22 Minuten: 8:6. Halbzeitstand: 10:8 für den BSV, davon 6x Ivancikova.

Die 2. Halbzeit: Nach der Pause sind Tore Mangelware. In der 43. Minute macht Sigrid Pape von Linksaußen das 15:12 und klopft schon mal leise an die Tür der Bundesliga. Doch es bleibt spannend, neun (!) Minuten fällt kein Tor, aber die Uhr läuft für Buxtehude…
Die erst 17-jährige Esther Müller aus Horneburg ist es dann, die mit ihrem ersten Tor alles klar macht, die Fans, Spielerinnen und Trainer Hans Dornbusch erlöst: 16:12 in der 52. Minute. Das muss doch reichen! Tut es auch.
Das Finale: Die letzten Minuten spielt der BSV abgeklärt runter, kurz vor Abpfiff wirft Ute Topp das 19:15. Die Fans, die ihr Team 60 Minuten unterstützt haben, zählen die letzten Sekunden mit, stürmen dann das Spielfeld.
Die Spielwertung: Das TAGEBLATT schreibt: „Die BSV-Damen haben es sich verdient. Mit einem meisterlichen Spiel. Es war die beste Saisonleistung. Und der beste Damenhandball – abgesehen von den Sternstunden einer Svetlana Kitic – der in dieser Halle gespielt wurde. Über 1.000 Zuschauer waren Augenzeugen einer Spitzenpartie, in der beide Teams Erstligareife demonstrierten.“
Der Gegner: Die Spielerinnen von Alstertal warten nach Schlusspfiff lange auf das Ergebnis aus Hannover (ja Kinder, es gab noch kein Handy und kein Internet). Bei einer Niederlage hätte Alstertal auch schon den Aufstieg feiern können. Erst über den Polizei-Kanal, von Kollegen aus Hannover übermittelt an die Buxtehuder Wache, kommt die Info: List gewinnt, Aufstieg für Alstertal vertagt. Buxtehude feiert allein. Alstertal steigt eine Woche später auf – aber nach einem Jahr wieder ab. Buxtehude aber bleibt oben – bis heute – 30 Jahre lang!
2. Bundesliga Saison 1988/89
- Buxtehuder SV 371:319 30:6
- TuS Alstertal 331:260 27:9
- Germania List Hannover 314:272 26:10
- SG Olympia Brühl 307:289 21:15
- TH Eilbek 303:307 18:18
- Süd Braunschweig 309:307 16:20
- Humb. Berlin 304:341 12:24
- MSV Duisburg 267:320 12:24
- Holstein Kiel 315:315 10:26
- SC Greven 245:336 8:28